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Die Sache mit der Liebe

Auf dem Bild könnt ihr sehen, wie Anne am Valentinstag mein Herz mit einem Glas Nutella erobert. Zwar liegt dieser Tag schon etwas zurück und eigentlich finde ich auch nicht wirklich, dass es so einen Tag geben muss, doch finde ich das Thema an sich wirklich interessant, um es noch einmal aufzugreifen. Denn wenn es um das Thema "Liebe" geht, wird das in vielen Ländern aus kulturellen Dingen anders gehandhabt - so, wie hier in Kiribati.

Anders als in Deutschland wird in Kiribati noch traditionell darauf gewartet, bis der Junge die Initiative ergreift und ein Mädchen anspricht. Das Ansprechen muss aber zwangsläufig nicht in Form von Worten erfolgen, das Interesse kann auch durch Briefe oder Geschenke geweckt werden. So gilt laut Erzählungen der Einheimischen, das tägliche Vorbeibringen von selbstgefangenem frischen Fisch bei der Familie des Mädchens als absoluter Liebesbeweis. Dabei muss es nicht unbedingt Fisch sein, Kokosnüsse oder ähnliches sind auch vollkommen in Ordnung. Ist es dann soweit und das Mädchen und der Junge beginnen sich zu treffen, gilt dies bereits als Zeichen der Verlobung. Dabei ist Küssen oder Händchenhalten in dieser Kultur gar nicht gerne gesehen, selbst bei verheirateten Paaren nicht. Intim werden darf man offiziell erst in der Hochzeitsnacht und dabei gilt ein inoffizielles "Umtauschrecht": Verwehrt das Mädchen oder die Frau dem Mann den Wunsch in der Hochzeitsnacht, darf er sie "zurückgeben". Ein "Recht", welches ich ehrlich gesagt für ziemlich fragwürdig und unmenschlich empfinde und hoffe inständig, dass es sich bei den Erzählungen nur um alte Geschichten oder Gerüchte handelte.

So weit aus der traditionellen Sicht, denn auch hier in Kiribati vollzieht sich ein Wandel, der die Frauen in ein stärkeres Licht rücken lässt. Denn auch im Hintergrund ist es Mädchen durchaus gestattet, den ersten Schritt zu wagen und beispielsweise einen Jungen im Club zum Tanzen aufzufordern. Auch wird das traditionelle Kennenlernen bei Weitem nicht so befolgt, wie es sich die älteren Generationen wahrscheinlich wünschen würden. So sieht man junge Paare wie sie sich abends gemeinsam davonstehlen und sich heimlich treffen, womit sie die Grenze des traditionell Erlaubten überschreiten.

Generell wirkt es entgegen der doch sehr strikten Rollenverteilung, in der der Mann das Sagen hat, in vielen Beziehungen längst nicht so konsequent, wie das Bild nach außen hin wirkt. Auf mich machen viele Frauen einen starken Eindruck und auch, wenn die Zahlen der häuslichen Gewalt in diesem Land alarmierend hoch sind, muss ich ehrlich dazu sagen, dass ich nicht selten eine Frau gesehen habe, die auf ihren Mann einschlug. Gewalt - ganz gleich von welcher Seite aus gesehen - empfinde ich trotz alldem abscheulich und mit nichts zu rechtfertigen. Trotzdem denke ich, dass dieser Aspekt, dass in vielen Fällen beide Seiten gleich beteiligt sind, als durchaus erwähnenswert, selbst, wenn Gewalt mit Liebe in meinen Augen nicht sonderlich viel am Hut hat. Kiribati ist für mich nichtsdestotrotz eine Kultur, die sich hinsichtlich der Rollenverteilung zu wandeln und vom traditionellen Rollenbild zu trennen scheint, was in unserer heutigen Welt mehr als wünschenswert ist.

Wie dem auch sei, gibt es noch einen letzten Aspekt, der bei dem Thema Liebe in Kiribati auf gar keinen Fall fehlen darf, da er für mich ziemlich einzigartig ist, ist die sogenannte "Black Magic". Mithilfe der schwarzen Magie werden Gegenstände verzaubert, die den Beschenkten in ihrem Denken und Tun beeinflussen soll. Dabei kommen alle denkbaren Gegenstände, die später als Geschenk übergeben werden, in Frage. Es mag als Außenstehender etwas befremdlich klingen, doch viele Menschen in diesem Land sind der felsenfesten Überzeugung, dass man die Magie niemals unterschätzen und sie sogar manchmal fürchten sollte, denn einige Geschenke bringen auch Unheil mit sich.

Auch ich habe ein solches Geschenk vor einigen Wochen in Form einer Flasche bekommen. Eines Morgens tauchte ein fremder Junge bei uns auf dem Kirchengelände auf, wobei ich im Nachhinein vermute, mich mal im Bus mit ihm kurz unterhalten zu haben. In der Hand hielt er eine künstlerisch aufgearbeitete Flasche und auch einen Brief, den er mir einfach in die Hand drückte und dann auch sofort wieder verschwand. Um ehrlich zu sein, war ich zuerst ziemlich verwirrt und wusste nicht wirklich, wie ich darauf reagieren sollte. Als Anne und ich ein paar Freunden von der uns rätselhaften Begegnung erzählten, wurde mir Nahe gelegt, die Flasche zu zerstören, da ich mir nicht wünschen würde, vom Unglück heimgesucht zu werden. Übers Herz bringen, diese schöne Flasche kaputtzumachen, konnte ich wirklich nicht und behielt sie deshalb heimlich. Als ich dann plötzlich krank wurde und es mir eine Zeit lang nicht wirklich gut ging, fiel die Flasche an einem Tag wie aus heiterem Himmel von meinem Nachttisch und zerbrach. Eigentlich glaube ich an solche Dinge nicht, doch muss es schon ein merkwürdiger Zufall gewesen sein, die sich mir die Frage stellen lässt: Ist Black Magic alles nur pure Einbildung oder tatsächlich Magie?


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