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Same same but different / Hello Down-Under!

Halbzeit! - Sechs Monate sind nun fast vorüber. Anfang Januar stand dann auch schon das Zwischenseminar in Brisbane an. Koffer packen ging ziemlich schnell: so wenig mitnehmen, wie es nur geht, um umso mehr wieder mitbringen zu können. Für uns galt es vor allem uns mit Nudeln und Schokolade einzudecken. Bevor es dann aber wirklich los ging, erhielten wir noch eine lange Liste mit Dingen, die wir unseren Freunden in Kiribati mitbringen sollten. Taucherausrüstung, Kamera, Schuhe, Basketball und vieles mehr. Unsere Koffer hatten wir also genau richtig gepackt.

Am Flughafen angekommen, gesellten sich noch ein paar Freunde von uns dazu. Wie in einem Beitrag zuvor, ist es gewöhnlich, dass man am Flughafen nicht allein gelassen wird und so gab es für alle noch eine Runde Burger, was es einzig am Flughafen Tarawas gibt. Schon im Vorfeld haben Anne und ich uns gefragt, wie es wohl sein wird, plötzlich wieder von vielen Menschen umgeben zu sein, in einer Stadt, in der anders als auf Tarawa, es mehr als eine Straße gibt und man einfach in den Supermarkt gehen kann und sich sicher sein, wonach auch immer man sucht, es tatsächlich finden zu können. Klar, kennen wir den beschriebenen Zustand aus Deutschland, aber dieser ist nach sechs Monaten in weite Ferne gerückt. Auf dem ersten Zwischenstopp in Fiji war es dann soweit und ich stand seit langer Zeit das erste Mal in einem Supermarkt vor einem Regal voller Schokolade. Obwohl ich es aus Deutschland kenne, war ich plötzlich mit der relativ großen Auswahl, die in Australien einen Höhepunkt fand, völlig überfordert. In Kiribati kaufen wir einfach das ein, was da ist und machen uns keine Gedanken darüber, welche Sorte oder Variante wir haben wollen, was wirklich angenehm sein kann. Als Anne und ich dann das erste Mal einen Supermarkt in Brisbane betraten, ist es kaum verwunderlich, dass dieser doch gewohnte Schritt in den Supermarkt, ein kleines Abenteuer für uns war. Doch musste vor allem ich feststellen, dass sich mein Geschmack ziemlich verändert hatte und ich mich in der Zeit in Australien mehr und mehr nach Reis und Fisch sehnte.

Eine ganze Menge Nudeln und Schokolade landeten am Ende trotzdem in meinem Koffer. Etwas, was wir hier auch wieder neu für uns entdecken mussten, waren unter anderem auch die Charts. In Kiribati geht Musik per weitergereichten Usb-Stick umher und gibt dementsprechend lediglich die Musik her, die irgendjemand runtergeladen hat. Folglich ist die Auswahl der internationalen Musik eher begrenzt, die eigen aufgenommene Musik in Kiribati hingegen grenzenlos. Trotzdem war es für Anne und mich ziemlich spannend, mal wieder zu hören, was momentan so angesagt ist, nicht nur im musikalischen Sinne-

Bevor das Seminar losging, hatten wir noch einige Tage Zeit, die Stadt und Umgebung zu erkunden. Als Kunstliebhaber habe ich mich riesig über das Gallery of Modern Art Festival gefreut, welches das zehnjährige Jubiläum markieren und eine ganze Woche mit einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert werden sollte. Dort habe ich ehrlicherweise die meiste Zeit mit Ausstellungen, Vorträgen und Vorführungen verbracht. Doch blieb auch genügend Zeit einen Abstecher ins Surfersparadise zu machen oder ins Kino zu gehen, um den ersten Disney-Film über den Pazifik zu sehen (was wir eher als unsere Pflicht ansahen), Stadterkundung, Flohmärkte zu besuchen oder einfach im Park der Southbank abends zusammenzusitzen.

Kurz darauf ging das Zwischenseminar los, zu dem wir in ein altes schönes Gästehaus zogen, welches in einem großen Park gelegen war. Wir waren die einzigen, die zu jener Zeit in diesem Haus wohnten. Nachdem wir von mehreren Leuten darauf angesprochen worden sind, dass in diesem Haus der Geist einer von vor 200 Jahre verstorbenen Frau leben soll, der zuvor das Haus gehört hatte und nun ihre letzte Ruhe in einem Grab neben der angrenzenden Kapelle gefunden hatte oder eben auch nicht, kam bei uns ein wenig Geisterstimmung auf. Gerade, weil Türen nachts von allein aufgingen, was wir ohne die Geisterstory wahrscheinlich als eher ungewöhnlich empfunden hätten. Lustig war es trotzdem, da wir beide leicht zu erschrecken waren :-)

Das Zwischenseminar hatten wir alleine, da es dieses Jahr im Pazifikraum keine anderen Freiwilligen außer uns gibt. Ganz alleine waren wir dann doch nicht, denn die Seminarleiterin Glenine ist direkt von Anfang an dabei gewesen. Beim Zwischenseminar wurden viel die vergangenen sechs Monate reflektiert, was wir als besonders hilfreich empfunden haben, da wir zum ersten Mal ernsthaft darüber nachdenken konnten, was wir alles schon erlebt haben und wie sehr uns diese Zeit geprägt und verändert hat. Anne und ich mussten zwangsläufig feststellen, dass obwohl wir in Kiribati viel gelernt haben, wir voneinander ebenfalls viel mitgenommen haben. Denn selbst, wenn wir uns sehr verbunden fühlen und in vielen Dingen gleich denken, sind wir in anderen Dingen einfach gegensätzlich. Auch hatten wir die Zeit, darüber nachzudenken, wie die nächsten sechs Monate aussehen sollen und wie wir die Zeit am besten nutzen wollen. Am dritten Tag des Seminars nahm uns Glenine in eine der ältesten Kirchen Australiens, wobei man sagen muss, dass diese aus finanziellen Gründen erst dieses Jahrhundert fertiggestellt worden ist, was dieses Projekt so einzigartig macht, denn es bedeutet, dass es ein Gemeinschaftswerk über mehrere Jahrhunderte ist. Am vierten und am letzten Seminartag war in Australien der Nationalfeiertag, der ganz groß gefeiert wird. - zumindest von vielen. Denn eigentlich ist es der Tag, an dem die

"Weißen" Australien übernommen und die Vertreibung der Aborigines begonnen hat. So ganz wollten wir uns daher den Feierlichkeiten nicht anschließen, da wir uns einig sind, dass man diesen Tag nicht feiern sollte. Nicht, dass wir den Australiern diesen Tag nicht gönnen, aber wir finden, dass es einen alternativen anderen Tag geben sollte, an dem Aborigines und der Rest der Bevölkerung gemeinsam feiern sollten. Unseren Tag haben wir daher bei einer Podiumsdiskussion mit Einheimischen und ganz vielen weiteren Gästen verbracht und uns spannende Beiträge rund um das Leitthema "Let's talk about racism" angehört. Am Abend ging bei Glenine mit Tee und Kuchen für uns das Seminar und gleichzeitig unsere Zeit in Brisbane vorbei.

Am nächsten Morgen ging es schon früh weiter nach Sydney. Besonderes Highlight war das Wandern in den Blue Mountains, bei dem wir auch in Wasserfällen spontan baden gingen. Dieser Tag gehört ebenfalls zu den schönsten Tagen bisher. Aber auch typische touristische Spots, wie zum Beispiel das Opera House, der Botanische Garten oder der Bondi Beach, durften natürlich nicht fehlen. Wobei wir ehrlich sagen müssen, dass wir uns von den Menschenmassen zum Teil wirklich erschlagen gefühlt haben. Besonders deutlich wurde dies für uns am Bondi Beach, an dem der ganze Strand voll von Menschen war. Zwar kann man nicht behaupten, dass der Hauptatoll Tarawa ein einsamer Ort ist, trotzdem haben wir den Eindruck, dass jeder jeden kennt und in der großen Masse, die einen doch ziemlich klein werden lässt, nicht unterzugehen. Was wahrscheinlich zuletzt daran liegt, dass die Gesamtpopulation von Kiribati gerade mal 100.000 Einwohner umfasst. Nach drei Wochen ging dann unsere Zeit in Australien auch schon zu Ende. Viele Dinge, die wir eigentlich gewohnt waren, erschienen uns plötzlich neu, was auf jeden Fall eine spannende Erfahrung war. Obwohl uns die Zeit wirklich sehr gefallen hat, fiel es uns in dem Gedanken, ganz bald wieder in Kiribati zu sein, umso leichter wieder aufzubrechen. Dass wir uns noch in Sydney früh morgens vor Abflug mit Kugelschreiber noch einmal auf der Wand des Hostels verewigten, konnten wir uns aber auf gar keinen Fall nehmen lassen.

Während wir dann zuerst in Sydney und dann in Fiji am Flughafen auf den nächsten Flug warteten und unseren letzten Joghurt für die nächsten sechs Monate löffelten, konnte ich meine Vorfreude nur schwer verbergen und konnte es gar nicht fassen, bald wieder zurück zu sein. In Fiji als auch in Kiribati bin ich übrigens als Nudelschmugglerin aufgeflogen und konnte nicht geheim halten, dass mein Koffer verbotenerweise zur Hälfte mit Nudeln gefüllt war, durfte sie aber mit ein wenig Überedungskunst in Fiji und mit ein wenig Kiribati Sprachkenntnissen trotzdem behalten. In Kiribati angekommen, fühlte es sich so an, als würde ich vieles, was ich schon kannte noch einmal neu erleben. Irgendwie, als würde ich Dinge, die mittlerweile zur Gewohnheit geworden sind, wieder wie ganz am Anfang viel stärker wahrnehmen. Daher auch der Titel "Same same but different." - Ein Sprichwort, welches rückblickend auf die letzen Wochen ganz unterschiedlich und mehrfach ausgelegt werden kann.


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